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Mieterhöhung mit 20 Jahre altem Mietspiegel unwirksam – Was Vermieter jetzt wissen müssen

Das Wichtigste in Kürze

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 16. Oktober 2019 (Az. VIII ZR 340/18) eine wichtige Entscheidung zur Mieterhöhung und den Anforderungen an die Begründung getroffen. Das Urteil zeigt deutlich die Grenzen bei der Verwendung veralteter Mietspiegel auf.

Der Fall: Mieterhöhung in Magdeburg scheitert

Im konkreten Fall wollte ein Vermieter in Magdeburg die Kaltmiete seiner 79 qm großen Wohnung von 300 € auf 360 € erhöhen. Zur Begründung berief er sich ausschließlich auf einen Mietspiegel aus dem Jahr 1998 – also einen fast 20 Jahre alten Mietspiegel. Die Mieterin verweigerte die Zustimmung zu Recht, wie sich später herausstellte.

BGH-Entscheidung: Formelle Unwirksamkeit der Mieterhöhung

Der BGH bestätigte die Urteile der Vorinstanzen und wies die Revision des Vermieters zurück. Die zentrale Aussage des Urteils:

Ein fast 20 Jahre alter Mietspiegel ist zur Begründung einer Mieterhöhung ungeeignet und führt zur formellen Unwirksamkeit des Erhöhungsverlangens.

Rechtliche Begründung des BGH

Das Gericht stellte klar, dass die Begründung einer Mieterhöhung dem Mieter die Möglichkeit geben muss, deren sachliche Berechtigung zu überprüfen. Bei einem derart veralteten Mietspiegel ist dies nicht möglich, da:

  • die zugrundeliegenden Tatsachen überholt sind
  • wesentliche Änderungen der Mietstruktur wahrscheinlich sind
  • Wohnwertmerkmale einem zeitlichen Wandel unterliegen
  • eine sachliche Überprüfung nur auf Mutmaßungen beruhen würde

Gesetzliche Grundlagen: § 558a BGB

Nach § 558a BGB muss jedes Mieterhöhungsverlangen:

  1. in Textform erklärt werden
  2. sachlich begründet werden
  3. dem Mieter konkrete Hinweise zur Überprüfung geben

Zwar erlaubt § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB grundsätzlich die Verwendung veralteter Mietspiegel, wenn kein aktueller vorhanden ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass beliebig alte Mietspiegel verwendet werden können.

Praktische Konsequenzen für Vermieter

Was Vermieter vermeiden sollten:

  • Berufung auf extrem veraltete Mietspiegel (über 10-15 Jahre)
  • unvollständige oder widersprüchliche Begründungen
  • Begründungen, die auf falschen Voraussetzungen beruhen

Alternative Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB:

  1. drei Vergleichswohnungen benennen (§ 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB)
  2. Sachverständigengutachten
  3. andere geeignete Begründungsmitte

Wann ist ein Mietspiegel zu alt?

Das Gesetz sieht grundsätzlich eine Aktualisierung alle zwei Jahre vor (§ 558c Abs. 3, § 558d Abs. 2 BGB). Der BGH hat keine feste Altersgrenze definiert, macht aber deutlich:

  • bei fast 20 Jahren ist die Grenze definitiv überschritten
  • entscheidend ist der noch vorhandene Informationsgehalt
  • je älter der Mietspiegel, desto problematischer die Verwendung

Auswirkungen auf laufende Mieterhöhungsverfahren

Vermieter, die sich auf sehr alte Mietspiegel stützen, sollten ihre Mieterhöhungsverfahren überprüfen lassen. Eine formell unwirksame Mieterhöhung kann nicht nachträglich geheilt werden.

Fazit: Sorgfältige Begründung ist entscheidend

Das BGH-Urteil unterstreicht die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Begründung bei Mieterhöhungen. Vermieter sollten:

  • aktuelle Begründungsmittel verwenden
  • bei veralteten Mietspiegeln alternative Begründungen wählen
  • rechtliche Beratung in Anspruch nehmen

Rechtliche Unterstützung bei Mieterhöhungen

Sowohl Vermieter als auch Mieter sollten bei Unsicherheiten bezüglich Mieterhöhungen fachkundigen Rat einholen. Die rechtlichen Anforderungen sind komplex und ein Fehler kann kostspielige Folgen haben.


Schlagworte: Mieterhöhung, BGH-Urteil, Mietspiegel, § 558a BGB, Mietrecht, Vermieter, Mieter, ortsübliche Vergleichsmiete

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