Fahrverbot trotz Arbeitsplatzverlust: Wann liegt keine unbillige Härte vor?
AG Landstuhl – Urteil vom 09.02.2024 (Az.: 3 OWi 4211 Js 11910/23)
Das Wichtigste in Kürze
Das Amtsgericht Landstuhl hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass ein drohender Arbeitsplatzverlust nicht automatisch eine unbillige Härte darstellt, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigt. Die Entscheidung zeigt wichtige Grenzen bei der Berufung auf berufliche Notwendigkeiten auf.
Der Fall: Massive Geschwindigkeitsüberschreitung mit Folgen
Sachverhalt
Ein angestellter Bauleiter überschritt auf der A62 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit 133 km/h – eine Überschreitung von 53 km/h. Das Gericht bewertete dies als vorsätzliche Tat, da die erhebliche Überschreitung und die sichtbaren Verkehrszeichen einen bedingten Vorsatz begründeten.
Die Sanktionen
- Geldbuße: 1.160 EUR (verdoppelt wegen Vorsatz, erhöht wegen Vorstrafen)
- Fahrverbot: 1 Monat
- Kostenübernahme: Verfahrenskosten und Auslagen
Warum lag keine unbillige Härte vor?
Vorbelastung als entscheidender Faktor
Der Betroffene war bereits mehrfach verkehrsrechtlich aufgefallen:
- Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (2013)
- Verurteilung nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr, 2014)
- Abstandsverstoß (2022)
- Geräteverstoß (2023)
Selbstverschuldete Situation
Das Gericht stellte klar: „Ein Kraftfahrzeugführer, der ein Fahrverbot durch mangelnde Verkehrsdisziplin riskiert, kann nicht geltend machen, auf den Führerschein angewiesen zu sein.“
Versäumte Möglichkeiten
Der Betroffene hätte das Fahrverbot vor Arbeitsantritt ableisten können, da der Bußgeldbescheid bereits im August 2023 erging, die Arbeit aber erst im November 2023 begann.
Rechtliche Bewertung: Wann liegt unbillige Härte vor?
Allgemeine Grundsätze
- Gewöhnliche Belastungen durch Fahrverbote sind hinzunehmen
- Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer muss gewährleistet sein
- Nur unzumutbare Härten sind rechtlich relevant
Existenzvernichtende Härte erforderlich
Selbst bei drohendem Arbeitsplatzverlust muss die Härte existenzvernichtend sein. Im vorliegenden Fall war der Betroffene als spezialisierter Bauleiter mit Asbestberechtigung am Arbeitsmarkt gefragt.
Praktische Tipps für Betroffene
1. Frühzeitige Reaktion
- Fahrverbot möglichst vor wichtigen beruflichen Terminen ableisten
- Einspruch strategisch begrenzen (nur gegen Geldbuße, nicht gegen Fahrverbot)
2. Dokumentation der Härte
- Konkrete Nachweise für existenzielle Bedrohung sammeln
- Alternative Transportmöglichkeiten prüfen und dokumentieren
3. Rechtzeitige Beratung
- Professionelle Rechtsberatung bereits bei Erhalt des Bußgeldbescheids
- Strategische Verfahrensführung planen
Fazit: Eigenverantwortung im Straßenverkehr
Die Entscheidung des AG Landstuhl macht deutlich, dass Gerichte bei wiederholten Verkehrsverstößen wenig Spielraum für Härtefallregelungen sehen. Wer beruflich auf den Führerschein angewiesen ist, trägt eine besondere Verantwortung für verkehrskonformes Verhalten.
Zentrale Erkenntnisse:
- Berufliche Angewiesenheit allein reicht nicht für unbillige Härte
- Vorstrafen verschlechtern die Aussichten erheblich
- Selbstverschuldung schließt Härtefallregelung faktisch aus
- Existenzvernichtung muss konkret nachweisbar sein
Benötigen Sie Rechtsberatung?
Wenn Sie einen Bußgeldbescheid mit drohendem Fahrverbot erhalten haben, sollten Sie schnell handeln. Unsere Rechtsanwälte prüfen Ihre Erfolgsaussichten und entwickeln eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie.
Kontaktieren Sie uns für eine kostenlose Erstberatung!
Dieser Beitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten Rechtsfragen wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.