Wann Kosten für Krankenbesuche ersetzt werden müssen
Zuasmmenfassung des Falls
In einem wegweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) klare Grenzen für die Erstattungsfähigkeit von Kosten für Krankenbesuche naher Angehöriger gezogen. Der Fall betraf einen zum Unfallzeitpunkt knapp 6-jährigen Jungen, der auf einem ungesicherten Baugrundstück schwer verletzt wurde, als er unter einen etwa 750 kg schweren Betonring geriet. Der Kläger erlitt erhebliche Verletzungen, darunter:
- Einen doppelten Beckenbruch
- Einen Abriss der Harnröhre
- Dauerhafte Miktionsbeschwerden durch Schädigung des Schließmuskels
Verkehrssicherungspflicht der Grundstückseigentümer
Der BGH bestätigte die Haftung der Grundstückseigentümer nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Das Gericht stellte klar:
„Jeder Grundstückseigentümer muss wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen, um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen, wenn ihm bekannt ist oder sein muss, dass sie – trotz Verbots – sein Grundstück zum Spielen benutzen.“
Die Beklagten wussten, dass Kinder regelmäßig auf ihrem Grundstück spielten, und der unzureichend gesicherte Betonring stellte eine erkennbare Gefahrenquelle dar.
Erstattungsfähigkeit von Besuchskosten naher Angehöriger
Besonders relevant für die Praxis ist die Entscheidung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Besuchskosten naher Angehöriger. Der Senat präzisierte seine bisherige Rechtsprechung und stellte wichtige Grundsätze auf:
Grundsätzliche Voraussetzungen für erstattungsfähige Besuchskosten:
- Personenkreis: Nur Kosten für Besuche „nächster“ Angehöriger sind erstattungsfähig.
- Zeitlicher Rahmen: Nur während des stationären Krankenhausaufenthalts des Verletzten.
- Medizinische Notwendigkeit: Die Besuche müssen für die Gesundung des Patienten medizinisch notwendig sein.
- Unvermeidbarkeit: Es werden nur unvermeidbare Kosten erstattet.
Welche Kosten können im Einzelnen erstattet werden?
1. Fahrtkosten
- Nur für die wirtschaftlichste Beförderungsart
- Im Rahmen wirtschaftlicher Notwendigkeit
- Nicht auf Kassenleistungen beschränkt
2. Übernachtungskosten
- Ersatzfähig, soweit unvermeidbar
3. Verpflegungsmehraufwand
- Nur der unvermeidbare Mehraufwand gegenüber den sonst für die Beköstigung anfallenden Kosten
4. Verdienstausfall
- Grundsätzlich erstattungsfähig, aber:
- Begrenzt auf unmittelbar zuzurechnenden und nicht aufzufangenden Verdienstausfall
- Keine Erstattung für längerfristige Fortkommensnachteile
- Lohn-/Gehaltsausfall für nicht nachholbare Arbeitsstunden kann ersetzt werden
Praxisrelevanz und Handlungsempfehlungen
Dieses Urteil hat bis heute grundlegende Bedeutung für die Bewertung von Schadensersatzansprüchen bei Verkehrsunfällen und anderen Personenschäden. Es verdeutlicht die Notwendigkeit einer genauen Dokumentation:
- Führen Sie ein Besuchsprotokoll mit Datum, Uhrzeit und Anlass
- Sammeln Sie Belege für alle angefallenen Kosten (Fahrtkosten, Übernachtungen)
- Lassen Sie sich die medizinische Notwendigkeit der Besuche ärztlich bestätigen
- Dokumentieren Sie konkrete Verdienstausfälle und deren Unvermeidbarkeit
Fazit
Der BGH hat mit diesem Urteil die Grenzen für die Erstattungsfähigkeit von Besuchskosten klar
definiert. Als Geschädigter sollten Sie darauf achten, dass alle erstattungsfähigen Kosten
nachgewiesen und geltend gemacht werden. Für Schädiger und deren Versicherungen bietet das
Urteil klare Kriterien zur Prüfung der Berechtigung solcher Ansprüche.
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Schlagworte: Verkehrssicherungspflicht, Besuchskosten, Krankenbesuche, Schadensersatz, Personenschaden, BGH-Urteil, Verdienstausfall, Verkehrsunfall