Mietwagenkosten nach Verkehrsunfall: Aktuelle Rechtsprechung des AG Quedlinburg
Das Wichtigste in Kürze
Wann muss die Versicherung alle Mietwagenkosten übernehmen?
Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Quedlinburg zeigt: Geschädigte haben auch bei längeren Reparaturzeiten Anspruch auf vollständige Kostenerstattung für den Mietwagen.
Der Fall im Überblick
Am 2. Dezember 2023 ereignete sich in Quedlinburg ein Verkehrsunfall zwischen zwei Fahrzeugen. Die Haftung war unstrittig – doch bei den Folgekosten gab es Streit zwischen dem Geschädigten und der Haftpflichtversicherung.
Streitpunkte
- Mietwagenkosten für 10 Tage (973,03 Euro)
- Zusätzliche Sachverständigenkosten (67,93 Euro)
- Gesamtstreitwert: 1.040,96 Euro
Was war strittig?
Die Versicherung argumentierte, dass:
- Die Mietwagennutzung nur für 3 Tage erforderlich gewesen sei
- Bestimmte Sachverständigenkosten (Energie- und Archivierungskosten) bereits im Grundhonorar enthalten seien
Die Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht Quedlinburg gab dem Kläger vollumfänglich Recht und verurteilte die Versicherung zur Zahlung der kompletten Summe plus Zinsen.
Mietwagenkosten: 10 Tage waren berechtigt
Entscheidender Punkt: Die tatsächliche Reparaturdauer war maßgeblich, nicht die ursprünglich kalkulierte Zeit.
Das Gericht stellte fest:
- Der Sachverständige hatte ursprünglich 4-5 Tage Reparaturdauer geschätzt
- Tatsächlich dauerte die Reparatur vom 8. bis 17. Januar 2024 (10 Tage)
- Der Geschädigte hatte keinen Einfluss auf die verlängerte Reparaturzeit
Rechtlicher Grundsatz: Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind Mietwagenkosten erstattungsfähig, wenn sie „erforderlich“ sind. Erforderlich ist, was ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in derselben Situation getan hätte.
Sachverständigenkosten: Separate Vergütung rechtmäßig
Bei den Sachverständigenkosten entschied das Gericht:
- Energie- und Archivierungskosten waren gemäß Honorarvereinbarung separat zu vergüten.
- Diese Kosten waren nicht im Grundhonorar enthalten.
- Die Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten ist in der Rechtsprechung etabliert.
Was bedeutet das für Unfallgeschädigte?
Was bedeutet das für Unfallgeschädigte?
- Realistische Reparaturdauer zählt: Wenn die Werkstatt länger braucht als geschätzt, müssen die tatsächlichen Mietwagenkosten erstattet werden.
- Dokumentation ist wichtig: Eine schriftliche Bestätigung der Werkstatt zur Reparaturdauer kann entscheidend sein.
- Sachverständigenkosten prüfen: Separate Kostenpositionen sind oft berechtigt, wenn sie vertraglich vereinbart wurden.
- Nicht vorschnell nachgeben: Versicherungen lehnen Kosten oft pauschal ab – eine rechtliche Prüfung lohnt sich.
Praktische Tipps für Unfallgeschädigte
Sofort nach dem Unfall
- Umfassende Schadensdokumentation
- Sachverständigengutachten einholen
- Mietwagen nur bei seriösen Anbietern buchen
Während der Reparatur
- Regelmäßige Kommunikation mit der Werkstatt
- Schriftliche Bestätigung der Reparaturdauer einfordern
- Alle Belege sammeln und aufbewahren
Bei Problemen mit der Versicherung
- Nicht vorschnell Vergleiche akzeptieren
- Rechtlichen Rat einholen
- Mahnung mit angemessener Frist setzen
Fazit: Ihre Rechte kennen und durchsetzen
Das Urteil des AG Quedlinburg (Az. 3 C 104/24) zeigt deutlich: Geschädigte müssen nicht jeden Kostenabzug der Versicherung hinnehmen. Bei begründeten Ansprüchen lohnt sich der Gang vor Gericht.
Unser Tipp: Lassen Sie sich nicht von pauschalen Ablehnungen der Versicherung verunsichern. Eine fundierte rechtliche Beratung kann Ihnen helfen, Ihre berechtigten Ansprüche durchzusetzen
Sie sind von einem Verkehrsunfall betroffen und haben Probleme mit der Schadensregulierung? Unsere erfahrenen Anwälte für Verkehrsrecht beraten Sie gerne. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung.
Keywords: Verkehrsunfall, Mietwagenkosten, Sachverständigenkosten, Haftpflichtversicherung, Schadensersatz, AG Quedlinburg, Verkehrsrecht