Einkaufswagen-Unfall: Wer haftet bei Schäden auf dem Parkplatz?
AG München – Urteil vom 05.02.2014 (Az. 343 C 28512/12)
Das Wichtigste in Kürze
Wichtiges Urteil zur Haftung bei rollenden Einkaufswagen
Das Amtsgericht München hat in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass bei Schäden durch rollende Einkaufswagen nicht die Kfz-Haftpflichtversicherung, sondern derjenige haftet, der den Wagen ungesichert abgestellt hat.
Der Fall: Einkaufswagen beschädigt geparktes Fahrzeug
Sachverhalt
Auf dem Parkplatz eines Supermarkts in Feldafing ereignete sich am 10.3.2011 ein ungewöhnlicher Verkehrsunfall. Während der Entladung eines Fiat Ducato stellte der Fahrer einen Einkaufswagen seitlich neben seinem Fahrzeug ab. Aufgrund des abschüssigen Geländes geriet der Wagen ins Rollen und verursachte einen Kratzer an einem geparkten Kastenwagen.
Streitpunkt: Haftung der Kfz-Versicherung?
Die Geschädigten forderten Schadensersatz von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Verursachers. Diese lehnte jedoch die Zahlung ab – zu Recht, wie sich später herausstellte.
Gerichtsentscheidung: Keine Kfz-Haftpflicht bei Einkaufswagen-Unfällen
Wann haftet die Kfz-Haftpflichtversicherung?
Das Gericht stellte klar, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung nur dann einstandspflichtig ist, wenn sich ein Unfall „bei Betrieb“ des versicherten Fahrzeugs ereignet. Ein Unfall liegt „bei Betrieb“ vor, wenn er:
- durch die dem Kfz-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit verursacht wurde
- von dem Fahrzeug ausgehende Gefahren bei seiner Entstehung ausgewirkt haben
Warum keine Betriebsgefahr?
Im vorliegenden Fall sah das Gericht keine typische Kfz-Betriebsgefahr. Der rollende Einkaufswagen hätte sich genauso gut in Bewegung setzen können, wenn beispielsweise vor dem Supermarkt Getränkekästen umgeladen worden wären. Die Ursache lag nicht in der Gefährlichkeit des Fahrzeugs, sondern darin, dass der Einkaufswagen ungesichert abgestellt wurde.
Haftung nach § 823 BGB: Fahrlässigkeit beim Abstellen
Persönliche Haftung des Verursachers
Das Amtsgericht München verurteilte den Verursacher zur Zahlung von 1.519,91 € Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hatte fahrlässig gehandelt, da er nicht dafür gesorgt hatte, dass der Einkaufswagen sicher steht und nicht wegrollen kann.
Beweislage
Zwei Zeugen bestätigten den Unfallhergang detailreich. Ein Sachverständiger stellte fest, dass:
- der Griff des Einkaufswagens mit der angebrachten Kette genau zur Höhe des Kratzers passte
- der Wagen aufgrund seines Eigengewichts und der Ladung ins Rollen kommen konnte
- keine Vorschäden am beschädigten Fahrzeug vorlagen
Praktische Konsequenzen für Verbraucher
Sorgfaltspflichten beim Einkauf
Dieses Urteil zeigt deutlich: Wer einen Einkaufswagen abstellt, muss dafür sorgen, dass dieser sicher steht. Besonders auf abschüssigen Parkplätzen ist erhöhte Vorsicht geboten.
Versicherungsschutz prüfen
Da die Kfz-Haftpflichtversicherung nicht greift, sollten Verbraucher ihren Versicherungsschutz überprüfen. Möglicherweise deckt die private Haftpflichtversicherung solche Schäden ab.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
Abgrenzung der Betriebsgefahr
Das Urteil bestätigt die enge Auslegung des Begriffs „Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 StVG. Nicht jeder Vorgang in räumlicher Nähe zu einem Fahrzeug begründet automatisch eine Betriebsgefahr.
Parallele Rechtsprechung
Das Gericht bezog sich auf eine ähnliche Entscheidung des Landgerichts Kassel (Urteil vom 16.1.2003, Az: 1 S 402/02), die zu demselben Ergebnis kam.
Fazit: Vorsicht beim Abstellen von Einkaufswagen
Das Urteil des Amtsgerichts München macht deutlich, dass die persönliche Verantwortung beim Umgang mit Einkaufswagen nicht unterschätzt werden darf. Verbraucher sollten stets darauf achten, dass abgestellte Wagen nicht wegrollen können – andernfalls droht eine persönliche Haftung für entstehende Schäden.
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