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BGH-Urteil: Rauchen in der Mietwohnung – Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter

BGH – Urteil vom 28. Juni 2006 (Az. VIII ZR 124/05)

Das Wichtigste in Kürze

Der Bundesgerichtshof entschied, dass Rauchen in der Mietwohnung grundsätzlich erlaubt ist und durch den Tabakkonsum entstehende Verschmutzungen in der Regel nicht zu Schadensersatzansprüchen des Vermieters führen. Diese Entscheidung hat bis heute Bestand und ist für Mieter und Vermieter von großer Bedeutung.

Der Fall: Nikotinbeläge nach vierjähriger Mietzeit

Die Beklagten waren von Januar 2000 bis Januar 2004 Mieter einer Wohnung in H. Nach dem Auszug forderte der Vermieter Schadensersatz für:

  • Malerarbeiten an Wänden und Decken (4.996,89 €)
  • Malerarbeiten an Türen und Türrahmen (2.177,50 €)
  • Fensterreinigung (727,50 €)
  • Reinigung von Küche und Keller (308 €)

Als Begründung führte der Vermieter starke Nikotinbeläge an Wänden und Decken an, die durch das Rauchen der Mieter entstanden waren.

Die BGH-Entscheidung: Rauchen ist vertragsgemäßer Gebrauch

Grundsätzliche Zulässigkeit des Rauchens

Der BGH stellte klar: Liegt keine ausdrückliche Vereinbarung vor, die das Rauchen in der Mietwohnung untersagt oder einschränkt, verhält sich ein Mieter nicht vertragswidrig, wenn er in der gemieteten Wohnung raucht und hierdurch Ablagerungen verursacht.

Die Richter begründeten dies mit § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach der Mieter zur Nutzung des gemieteten Wohnraums innerhalb der durch die vertraglichen Vereinbarungen gezogenen Grenzen berechtigt ist.

Keine Schadensersatzpflicht für normale Nikotinbeläge

Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter gemäß § 538 BGB nicht zu vertreten. Dies gilt auch für durch Tabakkonsum verursachte Verfärbungen und Gerüche.

Ausnahme: Exzessives Rauchen

Der BGH ließ jedoch offen, ob bei „exzessivem“ Rauchen, das bereits nach kurzer Mietzeit einen erheblichen Renovierungsbedarf zur Folge hat, eine Schadensersatzpflicht entstehen könnte. Ein solcher Fall lag im entschiedenen Verfahren nach vierjähriger Mietzeit jedoch nicht vor.

Praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter

Für Mieter: Schutz vor unbegründeten Forderungen

  • Rauchen ist grundsätzlich erlaubt, solange kein Rauchverbot vereinbart wurde
  • Normale Nikotinbeläge führen nicht zur Schadensersatzpflicht
  • Schönheitsreparaturen können dennoch vertraglich auf den Mieter übertragen werden
  • Bei unwirksamen Schönheitsreparaturklauseln bleibt die Renovierungspflicht beim Vermieter

Für Vermieter: Möglichkeiten der Vorsorge

  • Rauchverbot kann ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden.
  • Wirksame Schönheitsreparaturklauseln können Renovierungskosten auf den Mieter übertragen.
  • Flexible Fristen statt starrer Renovierungsintervalle verwenden.
  • Besenreine Übergabe umfasst nur grobe Verschmutzungen.

Schönheitsreparaturen und starre Fristenpläne

Ein wichtiger Nebenaspekt des Urteils betrifft die Unwirksamkeit starrer Fristenpläne für Schönheitsreparaturen. Der BGH entschied, dass Klauseln unwirksam sind, die den Mieter nach Ablauf fester Fristen zur Renovierung verpflichten, auch wenn die Wohnung noch nicht renovierungsbedürftig ist.

Wirksame Gestaltung von Schönheitsreparaturklauseln

Für eine wirksame Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter müssen die Klauseln:

  • am tatsächlichen Renovierungsbedarf ausgerichtet sein
  • angemessene Fristen vorsehen
  • den Mieter nicht unangemessen benachteiligen

Besenreine Übergabe: Was ist zu beachten?

Die Verpflichtung zur „besenreinen“ Rückgabe der Mietwohnung beschränkt sich laut BGH auf die Beseitigung grober Verschmutzungen. Eine normale Reinigung oder das Entfernen von Nikotinbelägen ist hiervon nicht umfasst.

Aktuelle Rechtslage und Entwicklungen

Die Grundsätze des BGH-Urteils gelten auch heute noch unverändert. Allerdings haben sich in der Praxis einige Entwicklungen ergeben:

  • Nichtraucherwohnungen werden verstärkt angeboten
  • Rauchverbote in Mietverträgen sind rechtlich zulässig
  • Energetische Sanierungen können neue Aspekte beim Thema Rauchen aufwerfen

Unser Rat: Professionelle Beratung bei Mietrechtsfragen

Mietrechtliche Streitigkeiten rund um das Thema Rauchen in der Mietwohnung können komplex sein. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten sich frühzeitig rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte und Pflichten zu kennen.

Sind Sie von einer ähnlichen Situation betroffen? Unsere erfahrenen Mietrechtsanwälte in Leipzig stehen Ihnen gerne zur Verfügung und prüfen Ihren Fall individuell.

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Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Stand: Juli 2025

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