Einseitige Indexmietklauseln sind unwirksam: LG Berlin II stärkt Mieterrechte
LG Berlin II – Beschluss vom 20. Juni 2024 (Az: 67 S 83/24)
Das Wichtigste in Kürze
Das Landgericht Berlin II hat mit Beschluss vom 20. Juni 2024 entschieden: Indexmietklauseln, die nur Mieterhöhungen, aber keine Mietsenkungen vorsehen, sind unwirksam. Dies gilt sowohl für Individualvereinbarungen als auch für Formularklauseln in Mietverträgen.
Was sind Indexmietklauseln?
Indexmietklauseln koppeln die Miethöhe an den vom Statistischen Bundesamt ermitteltenPreisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland. Sie sind in § 557b BGB geregelt und ermöglichen es, die Miete automatisch an die Inflationsentwicklung anzupassen.
Die Entscheidung des Landgerichts Berlin II
Der Fall
Mieter hatten unter Vorbehalt eine indexbasierte Mieterhöhung für die Monate Februar bis April2023 gezahlt und später die Rückerstattung gefordert. Der Mietvertrag enthielt eine Klausel, die ausschließlich dem Vermieter Mieterhöhungen bei steigendem Index erlaubte, aber keine entsprechenden Mietsenkungen bei fallendem Index vorsah.
Die Begründung des Gerichts
Das Landgericht Berlin II stellte klar:
1. Indexmieten müssen in beide Richtungen wirken: Nach § 557b BGB erfasst eine Indexmietvereinbarung nicht nur Mieterhöhungen bei Indexsteigerung, sondern auch Mietsenkungen bei abfallendem Index. Dies folgt aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/4553, S. 53).
2. Einseitige Klauseln sind unwirksam: Indexmietklauseln, die nur Erhöhungen zugunsten des Vermieters vorsehen, verstoßen gegen § 557b Abs. 5 BGB, da sie zum Nachteil der Mieter von § 557b Abs. 1 BGB abweichen.
3. Gesamtunwirksamkeit der Klausel: Eine solche einseitige Regelung führt zur kompletten Unwirksamkeit der Indexmietklausel, nicht nur zu einer teilweisen Unwirksamkeit
Praktische Auswirkungen für Mieter und Vermieter
Für Mieter
- Rückforderungsanspruch: Zu viel gezahlte Miete aufgrund unwirksamer Indexklauseln können zurückgefordert werden (§ 812 Abs. 1 BGB).
- Schutz vor einseitigen Klauseln: Vermieter können nicht mehr nur die für sie günstigen Aspekte einer Indexmiete nutzen.
- Gleichberechtigte Behandlung: Bei sinkenden Lebenshaltungskosten haben Mieter Anspruch auf Mietsenkung.
Für Vermieter
- Formularanpassung erforderlich: Bestehende Mietverträge mit einseitigen Indexklauseln müssen überprüft werden.
- Vollständige Indexregelung nötig: Neue Indexklauseln müssen beide Richtungen (Erhöhung und Senkung) vorsehen.
- Rechtsunsicherheit vermeiden: Nur rechtlich einwandfreie Indexklauseln bieten Planungssicherheit.
Checkliste: Ist Ihre Indexmietklausel rechtswirksam?
✅ Prüfen Sie folgende Punkte:
- Enthält die Klausel ausdrückliche Regelungen zu Mieterhöhungen UND Mietsenkungen?
- Bezieht sich die Klausel auf den offiziellen Preisindex des Statistischen Bundesamts?
- Ist die Vereinbarung schriftlich getroffen worden?
- Wurden beide Parteien gleichberechtigt behandelt?
❌ Warnsignale für unwirksame Klauseln:
- Nur Erwähnung von Mieterhöhungen
- Keine Regelung für sinkende Indexwerte
- Einseitige Begünstigung des Vermieters
Handlungsempfehlungen
Für Mieter
- Prüfen Sie Ihren Mietvertrag auf einseitige Indexklauseln.
- Bei unwirksamen Klauseln: Rückforderung zu viel gezahlter Miete prüfen.
- Lassen Sie sich anwaltlich beraten, wenn Unsicherheiten bestehen.
Für Vermieter
- Überprüfen Sie bestehende Mietverträge auf rechtswirksame Indexklauseln.
- Passen Sie Formularmietverträge entsprechend an.
- Holen Sie sich rechtliche Beratung bei der Gestaltung neuer Indexklauseln.
Fazit: Fairness muss in beide Richtungen gelten
Die Entscheidung des Landgerichts Berlin II macht deutlich: Indexmietklauseln müssen fair und ausgewogen sein. Vermieter können nicht die Vorteile steigender Lebenshaltungskosten nutzen, ohne auch das Risiko sinkender Kosten zu tragen.
Diese Rechtsprechung stärkt die Position der Mieter erheblich und zwingt Vermieter zu einer ausgewogenen Vertragsgestaltung. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten ihre bestehenden Mietverträge überprüfen und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
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Tags: Indexmiete, Mieterhöhung, Mietsenkung, Mietrecht Leipzig, LG Berlin, § 557b BGB, Unwirksamkeit Mietklauseln