Fristlose Kündigung bei Zutrittsverweigerung: Wichtiges Urteil für Vermieter und Mieter
Amtsgericht Fürstenfeldbruck – Endurteil vom 14.03.2025 (Az.: 2 C 842/24)
Das Wichtigste in Kürze
Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hat ein wichtiges Signal für das Mietrecht gesetzt: Verweigert ein Mieter wiederholt den Zutritt zur Wohnung, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Wir erklären Ihnen die wichtigsten Aspekte dieses wegweisenden Urteils.
Die Rechtslage: Wann haben Vermieter ein Zutrittsrecht?
Vermieter haben nicht unbegrenzt das Recht, die vermietete Wohnung zu betreten. Ein berechtigtes Interesse muss vorliegen. Das Gericht bestätigte in diesem Fall zwei wesentliche Situationen.
1. Wasserschäden und bauliche Überprüfungen
Besteht der Verdacht auf Wasserschäden oder andere Schäden an der Bausubstanz, haben Vermieter das Recht auf Zugang zur Wohnung. Dies dient dem Schutz des Eigentums und der Vermeidung größerer Schäden.
2. Von der Eigentümergemeinschaft beschlossene Maßnahmen
Wurde in einer Wohnungseigentümergemeinschaft der Austausch von Fenstern oder andere Instandhaltungsmaßnahmen beschlossen, müssen Mieter den erforderlichen Zugang gewähren.
Der konkrete Fall: Wiederholte Verweigerung führt zur Kündigung
In dem entschiedenen Fall hatte der 82-jährige Mieter seit Februar 2023 wiederholt den Zutritt verweigert. Der Vermieter wollte:
- Einen von der Eigentümergemeinschaft beschlossenen Fensteraustausch durchführen
- Wasserschäden überprüfen und beheben lassen
Trotz mehrfacher Abmahnungen vom 28.02.2023 und 29.03.2023 sowie weiterer Aufforderungen blieb der Mieter uneinsichtig.
Rechtliche Konsequenzen der Zutrittsverweigerung
Fristlose Kündigung als ultima ratio
Das Gericht stellte klar: Die wiederholte und beharrliche Zutrittsverweigerung rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 BGB. Dabei muss der Vermieter jedoch zunächst abmahnen.
Voraussetzungen für die fristlose Kündigung:
- Berechtigtes Interesse des Vermieters am Zutritt
- Vorherige erfolglose Abmahnung(en)
- Wiederholte und grundlose Verweigerung
Härtefallregelung: Hohe Anforderungen an den Nachweis
Der Mieter berief sich auf seine gesundheitliche Situation (82 Jahre, Schlaganfall 2015, Herzinsuffizienz). Das Gericht machte jedoch deutlich: Allgemeine Angaben reichen nicht aus.
Was fordert das Gericht konkret?
- Detaillierte medizinische Angaben zu den gesundheitlichen Problemen
- Konkrete Auswirkungen auf die Umzugs- oder Räumungsfähigkeit
- Ärztliche Atteste oder Gutachten als Nachweis
Vage Behauptungen wie „gesundheitlich erheblich beeinträchtigt“ genügen nicht und können sogar als unzulässiger Ausforschungsbeweis gewertet werden.
Räumungsfristen: Ermessensentscheidung des Gerichts
Trotz der gerechtfertigten fristlosen Kündigung gewährte das Gericht eine Räumungsfrist von drei Monaten. Dabei wog es folgende Faktoren ab:
Für den Mieter sprechend:
- Langes Mietverhältnis seit 1974
- Vermeidung von Obdachlosigkeit
- Fortgeschrittenes Alter
Für den Vermieter sprechend:
- Dringende Substanzschäden
- Lange Dauer der Verweigerung
- Keine nachgewiesenen Bemühungen um Ersatzwohnung
Praktische Tipps für Vermieter
Dokumentation ist entscheidend
- Schriftliche Termine mit ausreichend Vorlauf ankündigen
- Begründung für das Zutrittsrecht klar darlegen
- Abmahnungen korrekt formulieren und zustellen
- Beweise sammeln (Fotos, Gutachten, Zeugen)
Stufenweise Vorgehensweise empfohlen
- Höfliche Terminanfrage mit Begründung
- Förmliche Aufforderung bei Verweigerung
- Abmahnung mit Kündigungsandrohung
- Kündigung bei anhaltender Verweigerung
Praktische Tipps für Mieter
Rechte und Pflichten kennen
- Berechtigte Zutrittswünsche nicht grundlos verweigern
- Alternative Termine vorschlagen, wenn der angebotene nicht passt
- Rechtliche Beratung einholen bei Zweifeln
Bei gesundheitlichen Problemen
- Frühzeitig ärztliche Atteste besorgen
- Konkrete Auswirkungen dokumentieren lassen
- Professionelle Rechtsberatung in Anspruch nehmen
Fazit: Balance zwischen Vermieter- und Mieterrechten
Das Urteil zeigt: Das Mietrecht versucht einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern zu schaffen. Während Vermieter ein berechtigtes Interesse am Zugang zu ihrer Immobilie haben, sind Mieter nicht schutzlos einer Kündigung ausgeliefert.
Entscheidend ist in jedem Einzelfall:
- Die konkrete Begründung des Zutrittswunsches
- Das Verhalten beider Parteien
- Die jeweiligen schutzwürdigen Interessen
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Fundstellen: AG Fürstenfeldbruck, Endurteil v. 14.03.2025 – 2 C 842/24; GE 2025, 593; WuM 2025, 342; BeckRS 2025, 7994