Fristlose Kündigung berechtigt: Mieter schüttet Vermieter mit Wassereimer – AG Hanau entscheidet eindeutig
AG Hanau – Beschluss vom 19. Februar 2024 (Az.: 34 C 92/23)
Das Wichtigste in Kürze
Tätliche Angriffe mit Wasser rechtfertigen sofortige Beendigung des Mietverhältnisses
Das Amtsgericht Hanau hat mit einem wegweisenden Beschluss vom 19. Februar 2024 (Az.: 34 C 92/23) klargestellt: Wer seinem Vermieter aus Wut einen Eimer Wasser über den Kopf schüttet, muss mit der fristlosen Kündigung rechnen. Diese Entscheidung zeigt deutlich die Grenzen nachbarschaftlicher Meinungsverschiedenheiten im Mietrecht auf.
Der Fall: Wassergüsse als Eskalation eines Nachbarschaftsstreits
Im konkreten Fall kam es zwischen einer Vermieterin und ihrer Mieterin zu einem heftigen Streit. Die Auseinandersetzung eskalierte derart, dass die Mieterin am 18. und 19. Mai 2023 jeweils einen mit Wasser gefüllten Eimer aus dem Fenster in den Hof schüttete – und zwar genau dann, als sich die Vermieterin dort aufhielt.
Nach der Beweisaufnahme vor Gericht stand fest: Die Vermieterin wurde beide Male getroffen und „klitschnass“ wie bei der „Ice-Bucket-Challenge“, wie ein Zeuge aussagte. Besonders brisant: Die Mieterin kündigte nach dem ersten Vorfall sogar weitere ähnliche Aktionen an.
Rechtliche Bewertung: Hausfriedensstörung und Körperverletzung
Das Gericht sah in den Wassergüssen gleich mehrere schwerwiegende Rechtsverletzungen:
Nachhaltige Störung des Hausfriedens (§ 569 Abs. 2 BGB)
Die wiederholten Wassergüsse stellten eine erhebliche Störung des Hausfriedens dar. Das Gericht betonte, dass bereits das Schütten von Wasser aus dem Fenster in den Gemeinschaftshof ein vertragswidriges Verhalten darstellt, das die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht verletzt.
Vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 StGB)
Besonders schwer wog, dass die Richterin in den Wassergüssen sogar eine vorsätzliche Körperverletzung im Sinne des Strafrechts sah. Die Mieterin handelte mit bedingtem Vorsatz (dolus eventualis), da sie billigend in Kauf nahm, die Vermieterin zu treffen.
Keine Abmahnung erforderlich
Aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung war eine vorherige Abmahnung nicht notwendig. Das Gericht argumentierte, dass bei vorsätzlichen Körperverletzungen eine Abmahnung nicht zumutbar ist – zumal die Mieterin weitere Übergriffe angekündigt hatte.
Praktische Konsequenzen für Vermieter und Mieter
Für Vermieter
- Tätliche Angriffe rechtfertigen die sofortige fristlose Kündigung
- Bei vorsätzlichen Körperverletzungen ist keine Abmahnung erforderlich
- Rechtsanwaltskosten können als Kündigungsschaden geltend gemacht werden (hier: 627,13 Euro)
Für Mieter
- Auch vermeintlich „harmlose“ Handlungen wie Wasserschütten können schwerwiegende Folgen haben
- Wiederholte Störungen des Hausfriedens gefährden das Mietverhältnis
- Androhung weiterer Pflichtverletzungen verschärft die Rechtslage erheblich
Einordnung in die aktuelle Rechtsprechung
Diese Entscheidung reiht sich in die gefestigte Rechtsprechung ein, wonach tätliche Angriffe zwischen Mietern und Vermietern grundsätzlich fristlose Kündigungen rechtfertigen. Das Gericht machte deutlich, dass es sich nicht um „bloße Bagatellen wie etwa unhöfliches Verhalten“ handelte, sondern um strafrechtlich relevante Handlungen.
Fazit: Grenzen der Meinungsäußerung im Mietverhältnis
Der Fall verdeutlicht eindrucksvoll: Auch wenn Nachbarschaftsstreitigkeiten zum Alltag gehören, gibt es klare rechtliche Grenzen. Wer diese überschreitet und zu tätlichen Angriffen – auch mit Wasser – übergeht, riskiert nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch den sofortigen Verlust der Wohnung.
Vermieter sollten bei schwerwiegenden Hausfriedensstörungen nicht zögern, rechtliche Schritte einzuleiten. Mieter hingegen sind gut beraten, auch in hitzigen Auseinandersetzungen die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
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Tags: Mietrecht, fristlose Kündigung, Hausfriedensstörung, Körperverletzung, Vermieter- Mieter Streit, AG Hanau, Kündigungsrecht