Führerscheinentziehung wegen wiederholter Parkverstöße – VG Berlin bestätigt Rechtmäßigkeit
Urteil des VG Berlin vom 28.10.2022 (Az. VG 4 K 456/21)
Das Wichtigste in Kürze
Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass bereits Bagatellverstöße wie Parkverstöße zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen können, wenn sie in außergewöhnlicher Häufigkeit begangen werden.
Sachverhalt
- Der Kläger war seit 1995 Inhaber einer Fahrerlaubnis für verschiedene Klassen
- Zwischen Juli 2020 und Juli 2021 wurden gegen ihn 174
- Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren geführt
- Davon waren 159 Parkverstöße und 15 Geschwindigkeitsüberschreitungen
- Die meisten Verstöße waren Parkverstöße im absoluten Halteverbot
- Die Verstöße ereigneten sich hauptsächlich im unmittelbaren Umfeld seiner Wohnung
Rechtliche Würdigung durch das Gericht
Grundsatz: Bagatellverstöße bleiben normalerweise unberücksichtigt
Das Gericht bestätigte zunächst den Grundsatz, dass Verkehrsordnungswidrigkeiten, die nicht im Verkehrszentralregister erfasst werden, grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer Betracht bleiben.
Ausnahme: Hartnäckige Missachtung der Rechtsordnung
Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt. Dies ist der Fall, wenn:
- Ordnungsvorschriften hartnäckig missachtet werden
- Dies den persönlichen Interessen entspricht
- Über einen längeren Zeitraum nahezu wöchentlich Verstöße dokumentiert werden
- Die Verstöße an einem bestimmten Ort gehäuft auftreten
Im konkreten Fall: Mit durchschnittlich mehr als drei Verstößen pro Woche über ein Jahr hinweg war diese Schwelle deutlich überschritten.
Keine Entlastung durch Verweis auf Familienangehörige
Der Kläger argumentierte, die Verstöße seien von Familienangehörigen begangen worden. Das Gericht ließ dies nicht gelten:
- Wer durch zahlreiche Bußgeldbescheide erfährt, dass mit seinem Fahrzeug Verstöße begangen
- werden
- Und dagegen nichts unternimmt (keine Rechtsmittel, keine Verweigerung der
- Fahrzeugüberlassung)
- Zeigt charakterliche Mängel, die ihn als ungeeigneten Verkehrsteilnehmer ausweisen
Praktische Konsequenzen für Fahrzeughalter
Was Fahrzeughalter beachten sollten
- Verantwortung für das eigene Fahrzeug: Auch wenn andere Personen das Fahrzeug nutzen, bleibt der Halter verantwortlich.
- Frühzeitige Gegenmaßnahmen: Bei wiederholten Verstößen sollten konkrete Schritte eingeleitet werden.
- Rechtsmittel einlegen: Stillschweigendes Hinnehmen von Bußgeldbescheiden kann als Duldung gewertet werden.
- Alternative Lösungen finden: Stellplatz anmieten, ÖPNV nutzen, Fahrzeugnutzung einschränken.
Keine Ermessensentscheidung
Das Gericht stellte klar, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis bei festgestellter Ungeeignetheit eine gebundene Entscheidung ist. Berufliche Angewiesenheit auf den Führerschein kann daher nicht berücksichtigt werden.
Fazit und Empfehlungen
Dieses Urteil zeigt deutlich, dass auch scheinbar harmlose Parkverstöße in der Masse zu gravierenden Konsequenzen führen können. Die Rechtsprechung sieht in der hartnäckigen Missachtung von Verkehrsregeln – auch bei Bagatellverstößen – einen Indikator für charakterliche Mängel, die zur Fahruntüchtigkeit führen.
Unsere Empfehlung: Bei wiederholten Verkehrsverstößen sollten Betroffene frühzeitig rechtlichen Rat einholen und konkrete Gegenmaßnahmen ergreifen, bevor die Fahrerlaubnisbehörde tätig wird.
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Rechtsgebiete: Verkehrsrecht, Verwaltungsrecht, Führerscheinrecht
Schlagworte: Führerscheinentziehung, Parkverstöße, Fahreignung, Verkehrsordnungswidrigkeiten, VG Berlin