Handy am Steuer: Wann ist das Aufnehmen des Smartphones erlaubt?
OLG Karlsruhe – Beschluss vom 18.04.2023 (Az. 1 ORbs 33 Ss 151/23)
Das Wichtigste in Kürze
Bloße Umlagerung des Handys während Freisprechtelefonie bleibt straffrei
Das Oberlandesgericht Karlsruhe ha eine wichtige Entscheidung zum Handyverbot am Steuer getroffen. Die Richter stellten klar: Wer während der Fahrt sein Smartphone nur aufnimmt, um es umzulagern – etwa zum Schutz vor Beschädigungen – verstößt nicht gegen § 23 Abs. 1a StVO, auch wenn gleichzeitig ein Gespräch über die Freisprecheinrichtung geführt wird.
Der Fall: Umlagerung während Freisprechtelefonie
Der betroffene Autofahrer führte am 02.05.2022 auf der L 181 einen Pkw und hielt während der Fahrt ein Mobiltelefon in der linken Hand, während er über die Freisprecheinrichtung telefonierte. Nach seiner Darstellung wollte er das Handy lediglich umlagern und forderte seinen Gesprächspartner auf, das Gespräch kurz zu unterbrechen.
Das Amtsgericht Villingen-Schwenningen verurteilte ihn zunächst zu einer Geldbuße von 250 Euro wegen vorschriftswidriger Benutzung eines Mobiltelefons. Diese Entscheidung hob das OLG Karlsruhe jedoch auf.
Die Rechtslage: Benutzung muss über bloßes Halten hinausgehen
Das Oberlandesgericht machte deutlich, dass § 23 Abs. 1a StVO nicht bereits durch das bloße Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Geräts verletzt wird. Entscheidend ist vielmehr, ob zusätzlich eine Benutzung des Geräts stattfindet.
Was bedeutet „Benutzung“?
Nach der Karlsruher Entscheidung muss über das bloße Halten hinaus ein Zusammenhang mit einer Bedienfunktion des Geräts bestehen. Das Gerät muss also im Sinne seiner Bestimmung zur Kommunikation, Information oder Organisation verwendet werden.
Eine bloße Ortsveränderung des Smartphones – etwa zum Schutz vor Beschädigungen oder zur sicheren Aufbewahrung – fällt nicht unter den Begriff der „Benutzung“
Praktische Konsequenzen für Autofahrer
Was ist erlaubt
- Aufnehmen des Handys zur Umlagerung (ohne Nutzung von Funktionen)
- Umlagern zum Schutz vor Beschädigungen
- Kurzes Halten ohne Bedienung des Geräts
Was bleibt verboten
- Auf das Display schauen
- Wischen oder Tippen auf dem Bildschirm
- Bedienen von Apps oder Funktionen
- Längeres Halten mit erkennbarem Nutzungszusammenhang
Beweisfragen vor Gericht
Das OLG Karlsruhe wies darauf hin, dass für den Nachweis eines Nutzungszusammenhangs nicht zwingend Sprechbewegungen beobachtet werden müssen. Bereits aus der Art und Weise, wie, mit welcher Hand und wie lange das Mobiltelefon gehalten wurde, können Rückschlüsse auf die Plausibilität einer behaupteten bloßen Umlagerung gezogen werden.
Einordnung in die Rechtsprechung
Mit dieser Entscheidung schließt sich das OLG Karlsruhe der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte an (OLG Celle, OLG Brandenburg, OLG Stuttgart), die ebenfalls eine Benutzung über das bloße Halten hinaus fordern. Das OLG Oldenburg hatte zunächst eine strengere Auffassung vertreten, diese aber zwischenzeitlich aufgegeben.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe bringt Rechtssicherheit für Autofahrer: Das bloße Umlagern eines Smartphones während der Fahrt ist grundsätzlich nicht strafbar, solange keine Bedienfunktionen genutzt werden. Dennoch sollten Autofahrer vorsichtig sein und längeres Halten oder verdächtige Handbewegungen vermeiden, da diese als Indiz für eine Benutzung gewertet werden können.
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