Mietrecht: Wann ist eine Kündigung unwirksam? Neues Urteil des AG Saarbrücken
AG Saarbrücken – Urteil vom 12.02.2025 (Az.: 3 C 181/24)
Das Wichtigste in Kürze
Wichtiges Urteil für Mieter und Vermieter: Das Amtsgericht Saarbrücken hat entschieden, dass sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung unwirksam waren – trotz verspäteter Mietzahlungen und verbaler Auseinandersetzungen.
Die Fakten des Falls
Ein Mietverhältnis geriet in Streit: Der Mieter zahlte die Miete für Juni 2022 erst im Februar 2024 nach und war auch mit den Mieten für April und Mai 2024 in Verzug. Zusätzlich kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen dem Mieter und dem Geschäftsführer der Vermieterin, bei der Vorwürfe der „Schwarzarbeit“ fielen.
Die Vermieterin kündigte daraufhin zweifach:
- Fristlose Kündigung am 03.04.2024 wegen Bedrohung und Verleumdung
- Ordentliche Kündigung am 19.05.2024 wegen unpünktlicher Mietzahlungen
Die Entscheidung des Gerichts
Fristlose Kündigung unwirksam
Das Gericht sah keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung:
Keine Bedrohung: Die Zeugenaussagen bestätigten nicht, dass der Mieter den Geschäftsführer bedroht hatte. Vielmehr zog sich der Mieter zurück mit den Worten, er gehe jetzt, „bevor er handgreiflich wird“ – ein deeskalierendes Verhalten.
Keine Verleumdung: Der Vorwurf der „Schwarzarbeit“ fiel im Kontext einer emotionalen Diskussion
über die Nebenkostenabrechnung. Dies rechtfertigt keine Kündigung, da es sich um eine einmalige
Äußerung eines Verdachts handelte.
Ordentliche Kündigung ebenfalls unwirksam
Auch die ordentliche Kündigung scheiterte aus mehreren Gründen:
- Formfehler: Der Zugang der Kündigung beim Mieter konnte nicht bewiesen werden.
- Verwirkung des Kündigungsrechts: Die Vermieterin hatte die nicht gezahlte Miete von Juni 2022 über 20 Monate lang geduldet.
- Nicht unerhebliche Pflichtverletzung: Die verspäteten Zahlungen für April und Mai 2024 waren nicht gravierend genug.
Wichtige Rechtsprinzipien für die Praxis
Für Vermieter
Kündigungsklausel unwirksam: Die im Mietvertrag enthaltene Klausel „Miete muss bis zum 3. Werktag eingegangen sein“ ist nach § 307 BGB unwirksam, da sie das Überweisungsrisiko auf den Mieter abwälzt.
Timing ist entscheidend: Kündigungsrechte müssen zeitnah ausgeübt werden. Wer Pflichtverletzungen über längere Zeit duldet, verwirkt sein Kündigungsrecht.
Beweislast: Bei streitigen Kündigungen muss der Vermieter den ordnungsgemäßen Zugang der Kündigung beweisen können.
Für Mieter
Zahlungsfristen: Es genügt, wenn der Überweisungsauftrag bis zum 3. Werktag erteilt wird – der tatsächliche Eingang ist irrelevant (§ 556b BGB).
Deeskalation zahlt sich aus: Verbale Auseinandersetzungen rechtfertigen keine Kündigung, wenn sie nicht erheblich eskalieren.
Verspätete Zahlungen: Einzelne unpünktliche Zahlungen ohne vorherige Abmahnung führen meist nicht zu einer wirksamen Kündigung.
Praktische Tipps
Für Vermieter
- Sofortiges Handeln bei Pflichtverletzungen
- Schriftliche Abmahnungen vor Kündigungen
- Zustellungsnachweis bei Kündigungen sicherstellen
- Unwirksame Klauseln in Mietverträgen vermeiden
Für Mieter
- Bei Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig kommunizieren
- Überweisungsbelege aufbewahren
- Bei Kündigungen rechtlichen Rat einholen
- In Konflikten deeskalierend verhalten
Fazit: Hohes Schutzniveau für Mieter
Das Urteil zeigt deutlich: Deutsche Gerichte schützen Mieter vor ungerechtfertigtem Wohnungsverlust. Sowohl fristlose als auch ordentliche Kündigungen unterliegen strengen Voraussetzungen. Vermieter müssen ihre Rechte zeitnah und formkorrekt geltend machen.
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Hinweis: Dieser Artikel dient der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten rechtlichen Problemen wenden Sie sich bitte an einen Fachanwalt.