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Nachbars Katze im Garten: Was müssen Grundstückseigentümer dulden?

AG Ahrensburg – Urteil vom Juni 2022 – Az. 49b C 505/21

Rechtsprechung zum Nachbarschaftsrecht und Katzenhaltung

Das Problem: Freigängerkatzen als Nachbarschaftsstreit

Viele Grundstückseigentümer kennen das Problem: Die Katze des Nachbarn besucht regelmäßig den eigenen Garten, hinterlässt Kot, beschädigt möglicherweise Eigentum oder dringt sogar ins Haus ein. Doch welche rechtlichen Möglichkeiten haben betroffene Eigentümer?

Der Sachverhalt: Wenn Katzen zu häufigen Gästen werden

In dem entschiedenen Fall klagte eine Grundstückseigentümerin gegen ihre Nachbarn, die Halter einer schwarz-weiß gemusterten Freigängerkatze waren. Die Klägerin dokumentierte 31 Besuche der Katze in einem Zeitraum von etwa sechseinhalb Monaten. Die Katze betrat nicht nur das Grundstück, sondern drang auch mehrfach in das Haus ein, wenn die Terrassentür zum Lüften geöffnet war.

Die Klägerin, die unter Asthma und Allergien gegen Tierhaare litt, forderte:

  • Unterlassung des Betretens von Grundstück und Haus
  • Ordnungsgeld von bis zu 5.000 Euro bei Zuwiderhandlung
  • Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten

Die rechtliche Bewertung: Duldungspflicht in Wohngebieten

Das Amtsgericht Ahrensburg wies die Klage vollständig ab und begründete dies mit dem
nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis.

Grundsätzliche Duldungspflicht

In Wohngebieten mit Ein- und Mehrfamilienhäusern sind Beeinträchtigungen durch freilaufende
Katzen üblich und grundsätzlich zu dulden. Dies umfasst:

  • Das Betreten des Grundstücks
  • Setzen und Klettern auf Gartenmöbel
  • Eindringen in Blumenbeete
  • Hinterlassen von Katzenkot und -urin
  • Jagen von Vögeln
  • Kurzes Eindringen ins Haus

Besondere Umstände verstärken die Duldungspflicht

Das Gericht betonte, dass die Duldungspflicht umso stärker wiegt, wenn:

  • Mehrere Katzenhalter in der Nachbarschaft existieren
  • Die Parteien nicht unmittelbare Nachbarn sind
  • Eine artgerechte Freigängerhaltung üblich ist

Grenzen der Duldungspflicht: Wann wird es zu viel?

Die Duldungspflicht ist nicht grenzenlos. Konkrete schwerwiegende Beeinträchtigungen, die über das übliche Maß hinausgehen, müssen nicht hingenommen werden.

Beweislast liegt beim Kläger

Wer weitergehende Ansprüche durchsetzen will, muss:

  • Konkrete Beeinträchtigungen darlegen
  • Beweise für außergewöhnliche Störungen vorlegen
  • Quantität und Qualität der Störungen präzise dokumentieren

Mitverantwortung des Grundstückseigentümers

Das Gericht wertete gegen die Klägerin, dass sie:

  • Die Terrassentür unbeobachtet offen ließ
  • Speisen offen stehen ließ
  • Dadurch das Eindringen von Tieren „provozierte“

Praktische Tipps für Betroffene

Für Katzengegner:

  • Dokumentation: Führen Sie ein detailliertes Störungsprotokoll.
  • Beweise sammeln: Fotografieren Sie konkrete Schäden mit Datum.
  • Zumutbare Schutzmaßnahmen: Schließen Sie Türen und sichern Sie Speisen.
  • Rechtliche Prüfung: Lassen Sie außergewöhnliche Beeinträchtigungen anwaltlich bewerten.

Für Katzenhalter

  • Das Urteil stärkt Ihre Position bei der artgerechten Freigängerhaltung.
  • Dennoch sollten Sie auf nachbarschaftlichen Frieden achten.
  • Bei wiederholten Beschwerden kann anwaltliche Beratung sinnvoll sein.

Fazit: Nachbarschaftlicher Kompromiss gefragt

Das Urteil macht deutlich: In typischen Wohngebieten müssen normale Beeinträchtigungen durch Freigängerkatzen hingenommen werden. Dies entspricht dem nachbarrechtlichen Grundsatz, dass in einem Gemeinschaftsverhältnis gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz erforderlich sind.

Erst bei außergewöhnlichen, gut dokumentierten Beeinträchtigungen können rechtliche Schritte erfolgreich sein. In den meisten Fällen ist jedoch eine einvernehmliche nachbarschaftliche Lösung der beste Weg.


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Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine
individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten Rechtsproblemen wenden Sie sich bitte an einen
Fachanwalt.

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