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Schimmel und Asbest in der Mietwohnung: Wann verlieren Mieter ihre Rechte?

LG Berlin – Urteil vom 22. Oktober 2020 (Az. 65 S 185/19)

Das Wichtigste in Kürze

Das Landgericht Berlin hat in einem wegweisenden Urteil wichtige Grundsätze zum Umgang mit Schimmelbefall und Asbest in Mietwohnungen aufgestellt. Die Entscheidung zeigt deutlich auf, wie Mieter ihre Ansprüche auf Mietminderung verlieren können und welche Anforderungen an den Nachweis von Gesundheitsschäden gestellt werden.

Die Ausgangslage: Räumungsklage wegen Mietrückständen

In dem verhandelten Fall klagte eine Vermieterin gegen ihre Mieter auf Räumung der Wohnung und Zahlung von Mietrückständen in Höhe von 2.852,55 Euro. Die Mieter argumentierten mit verschiedenen Wohnungsmängeln, die ihrer Ansicht nach eine Mietminderung rechtfertigten:

  • Schimmelbefall im Badezimmer
  • Asbesthaltige Bodenplatten
  • Undichte Türen und Fenster
  • Beschädigter Laminatfußboden

Kernaussagen des Urteils: Diese Fehler sollten Mieter vermeiden

1. Besichtigungsverweigerung führt zum Verlust der Minderungsrechte

Das Gericht stellte klar: Mieter verlieren ihr Recht auf Mietminderung, wenn sie die Besichtigung gemeldeter Mängel verweigern. Im konkreten Fall hatten die Mieter zunächst einen Besichtigungstermin für den Schimmelbefall bestätigt, dann aber kurzfristig abgesagt und weitere Termine verweigert.

Rechtliche Grundlage: Ein Mieter, der dem Vermieter nicht die Möglichkeit gibt, die für eine Mängelbeseitigung erforderlichen Feststellungen zu treffen, kann sich nicht auf seine Rechte aus den §§ 536 Abs. 1, 320 BGB berufen.

2. Wiederauftreten von Schimmel nach zwei Jahren ist kein Indiz für Unbehebbarkeit

Entgegen der Argumentation der Mieter sah das Gericht im erneuten Auftreten von Schimmel nach fast zwei Jahren keinen ausreichenden Hinweis auf einen unbehebbaren Mangel. Die Klägerin hatte den ursprünglich angezeigten Schimmelbefall ordnungsgemäß beseitigt, was die Mieter 2016 auch schriftlich bestätigt hatten.

3. Ärztliche Atteste müssen konkrete Untersuchungen belegen

Besonders interessant für die Praxis ist die Bewertung des vorgelegten ärztlichen Attests. Die Mieter hatten ein Attest einer Fachärztin für Innere Medizin vorgelegt, wonach das Asthma der Mieterin „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ auf den Schimmelbefall und die Asbestbodenplatten zurückzuführen sei.

Das Gericht wertete dies als unzureichend, da:

  • keine konkreten fachärztlichen Qualifikationen ersichtlich waren
  • keine spezifischen Untersuchungen der Mieterin dokumentiert wurden
  • keine Besichtigung der Wohnung durch die Ärztin erfolgte
  • das Attest den Eindruck vermittelte, die Ärztin habe lediglich die Angaben der Mieterin ungeprüft übernommen

4. Asbesthaltige Böden sind nicht automatisch ein Sachmangel

Überraschend für viele Mieter dürfte die Feststellung sein, dass die bloße Verlegung asbesthaltiger, unbeschädigter Böden noch keinen Sachmangel darstellt. Entscheidend ist viel mehr, ob tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung vorliegt.

Praktische Konsequenzen für Mieter und Vermieter

Für Mieter

  • Besichtigungstermine niemals verweigern – dies führt zum Verlust aller Minderungsrechte
  • Bei Gesundheitsschäden detaillierte ärztliche Gutachten einholen, nicht nur einfache Atteste
  • Mängelanzeigen präzise dokumentieren und Fristen beachten
  • Bei wiederholtem Auftreten von Mängeln neue Anzeige erforderlich

Für Vermieter

  • Mängelanzeigen ernst nehmen und zeitnah Besichtigungstermine anbieten
  • Dokumentation aller Mängelbeseitigungsmaßnahmen
  • Bei Verweigerung der Besichtigung durch Mieter: Fristsetzung mit Rechtsfolgenbelehrung

Fazit: Kommunikation und Dokumentation sind entscheidend

Das Urteil des Landgerichts Berlin zeigt deutlich, dass im Mietrecht die ordnungsgemäße Kommunikation und Dokumentation zwischen den Parteien von entscheidender Bedeutung ist. Sowohl Mieter als auch Vermieter sollten ihre Rechte und Pflichten kennen und diese konsequent wahrnehmen.


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Dieser Artikel stellt eine allgemeine Information dar und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten rechtlichen Problemen wenden Sie sich bitte an einen spezialisierten Rechtsanwalt.


Schlagworte: Mietrecht, Schimmel, Asbest, Mietminderung, Mietrückstand, Räumungsklage, Landgericht Berlin, Rechtsanwalt Leipzig

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