Sozialplanabfindung: BAG stärkt Arbeitnehmerrechte bei Verzugszinsen
BAG – Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. 1 AZR 73/24)
Das Wichtigste in Kürze
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine wegweisende Entscheidung zu Sozialplanabfindungen und Verzugszinsen getroffen. Für Arbeitnehmer in Leipzig, Dresden und ganz Sachsen ist diese Entscheidung von besonderer Bedeutung, da sie ihre Rechte bei verspäteten Abfindungszahlungen erheblich stärkt.
Die Kernaussage des BAG-Urteils
Das Bundesarbeitsgericht stellte in seinem Leitsatz unmissverständlich klar: Abfindungsansprüche aus einem Sozialplan werden zum festgelegten Zeitpunkt fällig – und nicht erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit des Sozialplans. Diese Klarstellung hat weitreichende Folgen für alle Betriebsübergänge und Kündigungswellen in Deutschland.
Der Sachverhalt: Ein typischer Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin aus Dresden war in einem Callcenter beschäftigt und erhielt zum 31. Juli 2019 eine ordentliche Kündigung. Der im Mai 2019 von einer Einigungsstelle beschlossene Sozialplan sah eine Abfindung von knapp 46.000 Euro vor, die mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden sollte.
Das Problem: Die Arbeitgeberin focht den Sozialplan wegen angeblicher Überdotierung an und zahlte die Abfindung erst im Mai 2021 – fast zwei Jahre später. Die Arbeitnehmerin forderte daraufhin Verzugszinsen für den gesamten Zeitraum.
Die rechtlichen Kernpunkte der Entscheidung
1. Fälligkeit unabhängig von gerichtlichen Verfahren
Das BAG betonte, dass gerichtliche Verfahren zur Überprüfung von Sozialplänen lediglich
feststellende Wirkung haben. Sie gestalten nicht die Rechtslage um, sondern klären nur, ob der
Sozialplan von Anfang an wirksam war. Folglich wird die Abfindung zum ursprünglich festgelegten
Termin fällig – unabhängig von laufenden Gerichtsverfahren.
2. Verzugseintritt ohne Mahnung
Besonders praxisrelevant: Nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB war keine Mahnung erforderlich. Da der Fälligkeit die Kündigung als auslösendes Ereignis vorausging und die Kündigungsfrist eine angemessene Zahlungszeit darstellte, trat der Verzug automatisch ein.
3. Kein Ausschluss wegen Rechtsirrtums
Die Arbeitgeberin konnte sich nicht auf unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Das BAG stellte
klar, dass zur Überdotierung von Sozialplänen eine ständige Rechtsprechung existiert. Normale
Prozessrisiken gehen zu Lasten des Arbeitgebers.
Praktische Auswirkungen für Arbeitnehmer
Bedeutung des Urteils für betroffene Arbeitnehmer
- Verzugszinsen ab Fälligkeit: Auch wenn der Sozialplan noch gerichtlich überprüft wird, entstehen Verzugszinsen ab dem vereinbarten Fälligkeitstermin.
- Keine Mahnung nötig: Bei ordentlichen Kündigungen mit Sozialplan ist keine gesonderte Zahlungsaufforderung erforderlich.
- Berechnung auf Bruttobasis: Verzugszinsen werden auf den Bruttoabfindungsbetrag berechnet.
- Ausschlussfristen beachten: Verzugszinsansprüche können tariflichen Verfallsfristen unterliegen.
Neue Risiken für Arbeitgeber
- Zinskosten bei Anfechtung: Wer Sozialpläne anficht, trägt das Risiko hoher Verzugszinsen.
- Rechtssichere Prüfung nötig: Oberflächliche Rechtsbedenken rechtfertigen keine Zahlungsverzögerung.
- Liquiditätsplanung: Abfindungen müssen zum Fälligkeitstermin zur Verfügung stehen.
Handlungsempfehlungen unserer Kanzlei
Für Arbeitnehmer
- Fristen dokumentieren: Halten Sie alle relevanten Termine (Kündigung, Arbeitsende, Sozialplan) schriftlich fest.
- Ansprüche zeitnah geltend machen: Auch während laufender Gerichtsverfahren können Sie Ihre Rechte durchsetzen.
- Rechtliche Beratung einholen: Die Berechnung von Verzugszinsen ist komplex und sollte professionell erfolgen.
Für Arbeitgeber
- Sozialpläne gründlich prüfen: Lassen Sie Sozialpläne vor Anfechtung rechtlich bewerten.
- Liquidität sicherstellen: Planen Sie Abfindungszahlungen zum vereinbarten Termin ein.
- Dokumentation der Prüfung: Belegen Sie sorgfältige rechtliche Prüfungen zur Vermeidung von Verschuldensvorwürfen.
Bedeutung für die Rechtsprechung
Diese Leitentscheidung des BAG schafft wichtige Rechtssicherheit in einem häufig streitigen Bereich des Arbeitsrechts. Sie stärkt die Position von Arbeitnehmern erheblich und macht Verzögerungstaktiken von Arbeitgebern kostenpflichtig.
Für Unternehmen in Leipzig, Dresden und ganz Sachsen bedeutet das Urteil eine Verschärfung der Haftung bei Sozialplänen. Eine präventive arbeitsrechtliche Beratung wird damit noch wichtiger.
Fazit: Neue Rechtssicherheit für Sozialplanabfindungen
Das BAG-Urteil vom 28. Januar 2025 markiert einen Wendepunkt im Sozialplanrecht. Arbeitnehmer können künftig mit größerer Rechtssicherheit Verzugszinsen durchsetzen, während Arbeitgeber ihre Zahlungsstrategien überdenken müssen
Als spezialisierte Arbeitsrechtskanzlei in Leipzig unterstützen wir sowohl Arbeitnehmer bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche als auch Arbeitgeber bei der rechtssicheren Gestaltung von Sozialplänen.
Sie haben Fragen zu Sozialplanabfindungen oder Verzugszinsen? Kontaktieren Sie unsere erfahrenen Arbeitsrechtsanwälte in Leipzig. Wir beraten Sie kompetent und zielführend zu allen Aspekten des Arbeitsrechts.
Rechtstipp: Dieser Beitrag stellt eine juristische Einschätzung dar und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten Rechtsproblemen wenden Sie sich bitte an einen spezialisierten Anwalt.
Schlagwörter: Sozialplanabfindung, Verzugszinsen, BAG-Urteil, Arbeitsrecht Leipzig,
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