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Wann geraten Mieter in Verzug? Wichtige Entscheidung zu Überweisungen und Beweislast

LG Berlin – Urteil vom 25. April 2023 (Az. 67 S 103/22)

Das Wichtigste in Kürze

Das Landgericht Berlin hat entschieden, wann Mieter bei Überweisungen in Verzug geraten und wer die Beweislast für den Zahlungseingang trägt. Die Entscheidung ist besonders relevant für Vermieter und Mieter, die sich mit strittigen Mietzahlungen auseinandersetzen müssen.

Der Fall: Streitige Überweisungen führen zur Kündigung

In dem verhandelten Fall hatten Mieter behauptet, ihre Mietzahlungen ordnungsgemäß überwiesen zu haben. Die Vermieterin bestritt jedoch den Eingang der Zahlungen und kündigte das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsrückstands. Das Gericht musste klären, ob die Mieter in Verzug geraten waren und wer beweisen muss, dass die Zahlungen angekommen sind.

Die Rechtslage: Überweisungen im Mietrecht

Grundsatz: Rechtzeitige Zahlungsanweisung genügt

Das Gericht stellte klar, dass Mieter grundsätzlich nicht in Verzug geraten, wenn sie:

  • Die Überweisung bis zur Fälligkeit der Miete veranlassen
  • Ihr Konto ausreichend gedeckt ist
  • Die Miete später tatsächlich beim Vermieter gutgeschrieben wird

Verzögerungen oder Fehlleitungen durch die Bank führen dann nicht automatisch zum Verzug.

Beweislast bei strittigen Zahlungen

Entscheidend wird es, wenn der Vermieter die Gutschrift bestreitet. Dann müssen die Mieter beweisen, dass die Zahlung tatsächlich beim Vermieter eingegangen ist. Es genügt nicht, nur die Leistungshandlung (die Überweisung) zu beweisen – der Leistungserfolg (die Gutschrift) muss nachgewiesen werden.

Praktische Konsequenzen für Mieter

Dokumentationspflicht verstärkt

Mieter sollten nicht nur Überweisungsbelege aufbewahren, sondern auch:

  • Kontoauszüge sichern, die die Abbuchung belegen
  • Bei Zahlungsproblemen sofort beim Vermieter nachfragen
  • Gegebenenfalls Bestätigungen der Bank einholen

Handlungspflicht bei Zahlungsstreitigkeiten

Werden Mieter vom Vermieter auf fehlende Zahlungen hingewiesen, müssen sie:

  • Unverzüglich den Zahlungseingang prüfen
  • Bei Nichterweislichkeit der ursprünglichen Zahlung erneut überweisen
  • Andernfalls droht der Verzug mit allen Konsequenzen

Auswirkungen für Vermieter

Kündigungsrecht bei Zahlungsrückstand

Vermieter können fristlos kündigen, wenn Mieter über mehr als zwei Termine mit einem Betrag von mindestens zwei Monatsmieten in Verzug sind. Das Urteil bestätigt, dass bereits die Bestreitbarkeit von Zahlungen ausreichen kann, wenn Mieter nicht nachweisen können, dass die Beträge angekommen sind.

Beweislastverteilung im Prozess

Vermieter müssen nicht beweisen, dass Zahlungen nicht eingegangen sind. Sie können die Gutschrift bestreiten und die Mieter in die Beweispflicht nehmen. Gelingt dieser Beweis nicht, liegt ein Zahlungsrückstand vor.

Rechtliche Einordnung

Das Urteil behandelt Mietzahlungen als „qualifizierte Schickschuld“. Das bedeutet:

  • Das Verlustrisiko trägt grundsätzlich der Schuldner (Mieter)
  • Nur das Verzögerungsrisiko liegt beim Gläubiger (Vermieter)
  • Bei strittigen Zahlungen muss der Schuldner den Zahlungseingang beweisen

Empfehlungen für die Praxis

Für Mieter

  • Überweisungen rechtzeitig vor Fälligkeit veranlassen
  • Zahlungsbelege und Kontoauszüge sorgfältig aufbewahren
  • Bei Zahlungsstreitigkeiten sofort handeln
  • Gegebenenfalls Lastschriftverfahren nutzen

Für Vermieter:

  • Mieterkonten regelmäßig überwachen
  • Zahlungsrückstände zeitnah mitteilen
  • Dokumentation für eventuelle Kündigungen führen
  • Rechtliche Beratung bei größeren Rückständen einholen

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Berlin schafft wichtige Klarheit zur Beweislast bei Mietzahlungen. Mieter tragen ein erhöhtes Risiko, wenn sie nicht zweifelsfrei nachweisen können, dass ihre Zahlungen beim Vermieter angekommen sind. Für beide Seiten ist eine sorgfältige Dokumentation und zeitnahe Kommunikation bei Zahlungsproblemen entscheidend.



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