BGH-Urteil: 500 Euro Schadensersatz für unrechtmäßige SCHUFA-Meldung nach DSGVO
Bundesgerichtshof stärkt Verbraucherrechte bei Datenschutzverstößen – Mobilfunkanbieter muss Schadensersatz zahlen.
Das Wichtigste in Kürze
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil vom 28. Januar 2025 (BGH VI ZR 183/22) entschieden, dass Verbraucher bei unrechtmäßigen SCHUFA-Meldungen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben. Ein Mobilfunkanbieter muss 500 Euro Schadensersatz zahlen, nachdem er trotz streitiger Forderungen personenbezogene Daten an die SCHUFA weitergegeben hatte.
Der Fall: Unrechtmäßige Datenweitergabe trotz Widerrufsrecht
Sachverhalt
- Mobilfunkvertrag zwischen Telekommunikationsunternehmen und Kundin (September 2018)
- Vertragsverlängerung im Dezember 2018 mit anschließendem Widerruf
- Trotz streitiger Rechtslage: SCHUFA-Meldung im September 2019
- Eintrag erst im Juli 2021 vollständig gelöscht
Rechtliche Problematik
Das Telekommunikationsunternehmen meldete Daten an die SCHUFA, obwohl:
- Die Forderungen noch streitig waren,
- Kein rechtskräftiger Titel vorlag
- Die Voraussetzungen für eine SCHUFA-Meldung nicht erfüllt waren
BGH-Entscheidung: Klare Rechtslage für Verbraucher
Anspruchsgrundlage: Art. 82 DSGVO
Der BGH bestätigte den Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO
wegen Verletzung der Datenschutzpflichten aus Art. 5 und 6 DSGVO.
Schadenshöhe: 500 Euro angemessen
Das Gericht bewertete 500 Euro als angemessenen Schadensersatz unter Berücksichtigung:
- Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten
- Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit
- Konkrete Nachteile (angehaltene Kreditvergabe bei Hausbank)
- Dauer des unrechtmäßigen Eintrags (fast 2 Jahre)
Wichtige Rechtsgrundsätze für die Praxis
1. Ausschließlich Ausgleichsfunktion
Der BGH stellte klar: Art. 82 DSGVO dient ausschließlich dem Ausgleich, nicht der Abschreckung
oder Bestrafung. Folgende Faktoren dürfen daher nicht bei der Schadenshöhe berücksichtigt
werden:
- Schwere des Datenschutzverstoßes
- Verschulden des Verursachers
- Präventive oder abschreckende Wirkung
2. Weite Auslegung des Schadensbegriffs
Nach Erwägungsgrund 146 DSGVO ist der Schadensbegriff weit auszulegen, um die Ziele der
Verordnung vollständig zu erfüllen.
3. Vollständiger Schadensausgleich
Die Entschädigung muss den „konkret erlittenen Schaden in vollem Umfang ausgleichen“
vollständig und wirksam.
Was bedeutet das für Verbraucher?
Ihre Rechte bei unrechtmäßigen SCHUFA-Einträgen:
- Schadensersatzanspruch auch ohne materielle Schäden
- Nachweis des immateriellen Schadens durch Kontrollverlust über Daten
- Angemessene Entschädigung je nach Einzelfall
- Löschungsanspruch gegenüber Auskunfteien
Wann liegt ein DSGVO-Verstoß vor?
- Datenweitergabe ohne Rechtsgrundlage
- Meldung streitiger, nicht titulierter Forderungen
- Fehlende oder unzureichende Einwilligung
- Verstoß gegen Datenminimierung oder Zweckbindung
Praxistipps für Betroffene
- Sofortige Maßnahmen
- SCHUFA-Auskunft einholen und prüfen
- Unrechtmäßige Einträge schriftlich beanstanden
- Löschung bei SCHUFA und Datenverursacher fordern
- Dokumentation aller Schäden sammeln
2. Rechtliche Schritte
- Außergerichtliche Geltendmachung von Schadensersatz
- Bei Verweigerung: Klage nach Art. 82 DSGVO
- Parallel: Beschwerde bei Datenschutzbehörde möglich
3. Beweisführung
- Nachweis der unrechtmäßigen Datenweitergabe
- Dokumentation konkreter Nachteile
- Belege für Dauer des Eintrags
Bedeutung für Unternehmen
Erhöhte Sorgfaltspflichten
Unternehmen müssen vor SCHUFA-Meldungen prüfen:
- Liegt eine unstreitige, fällige Forderung vor?
- Sind alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt?
- Wurde der Schuldner ordnungsgemäß gemahnt?
- Besteht eine wirksame Rechtsgrundlage?
Haftungsrisiken minimieren
- Interne Compliance-Prozesse etablieren
- Mitarbeiterschulungen zu DSGVO-Anforderungen
- Rechtssichere Vertragsgestaltung
- Regelmäßige Überprüfung von Datenverarbeitungsprozessen
Fazit: Stärkung der Verbraucherrechte
Das BGH-Urteil stärkt die Position von Verbrauchern erheblich. Unternehmen müssen künftig noch
sorgfältiger prüfen, bevor sie personenbezogene Daten an Auskunfteien weitergeben. Die
Entscheidung verdeutlicht: Auch ohne materielle Schäden können Betroffene angemessenen
Schadensersatz für DSGVO-Verstöße verlangen.
Für Betroffene von unrechtmäßigen SCHUFA-Einträgen eröffnet dieses Urteil neue
Durchsetzungsmöglichkeiten. Eine rechtliche Beratung ist empfehlenswert, um die
individuellen Ansprüche zu prüfen.
Vorinstanzen: OLG Koblenz (5 U 2141/21), LG Koblenz (12 O 59/21)
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Rechtsgebiete: Datenschutzrecht, DSGVO, Schadensersatzrecht, Verbraucherrecht